Sonntag, 29. September 2013

27. Beitrag - Der Denkmalhof - Geschichte ab 1946

Die Verstaatlichung der ehemaligen Maschinenfabrik Grohe war noch lange nicht das Ende der wechselvollen Geschichte des Denkmalhofes in Merseburg. Das Gelände war ideal geeignet auch weiterhin zu produzieren. Immerhin war das Gelände noch weitestgehend intakt. Es gab nur ein paar vereinzelte Bombenschäden, so an den Dächern und dem Mauerputz.

Die Verhältnisse der Nachkriegszeit waren sehr unübersichtlich. Am 1. Oktober 1946 wurde ein landeseigener Betrieb aus der ehemaligen Maschinenfabrik. Der eigentliche Tag der Enteignung war allerdings erst der 15. September 1948. Zwischen 1947 und 1951 lag die Verantwortlichkeit bei dem Leipziger Sitz „Verwaltung Volkseigener Betriebe“.

Mit einem Beschluss vom 31.Dezember 1954, wurde der staatliche Nachfolgebetrieb „VEB Bau- und Gießereimaschinen Merseburg“ aufgelöst. Die Produkte fanden kaum noch Absatz, zumal die Fabrikanlagen viel zu klein waren um mit den größeren Staatsbetrieben der DDR gleichziehen zu können. Im Jahr 1955 übernahm stattdessen die „VEB Maschinenfabrik Halle“ einen Teil des Grundstückes und der Gebäude in seine Rechtsträgerschaft. Selbst jetzt noch, 10 Jahre nach dem Krieg waren die Zuständigkeiten anscheinend noch immer nicht richtig geklärt, denn für den Übergang nach Halle existieren mehrere Daten.



Vorläufig kam erst einmal wieder neues Leben in das alte Gebäude. Neue Projektbüros und Lagerräume entstanden. Doch nichts hält ewig. Oder besser gesagt: Niemand wollte oder konnte so recht aus dem Grundstück einen gut gehenden Betrieb erschaffen. 1957 war es dann mal wieder so weit. Ein neuer „Besitzer“ ward gefunden. Dieses Mal übte die Rechtsträgerschaft das „Institut der Chemie- und Kälteausrüstung Dresden“ aus. Die Kosten für einen zusätzlichen Umbau hielten sich in Grenzen, rund 40.000 Mark waren notwendig. Im Jahr 1965 wurde dann das erste „Versuchshaus“ in Betrieb genommen. Es sollten besonders kälterobuste Maschinen und Teile getestet werden, damit diese in den kalten Regionen, wie z.B. in Sibirien zum Einsatz kommen konnten.


Abseits der offiziellen Daten und Aufzeichnungen gibt es viele Geschichten rund um den Denkmalhof. Ein ehemaliger Bewohner der Villa hat noch einige Kindheitserinnerungen. Das ehemalige Herrschaftsgebäude diente bereits seit den 1940er Jahren den Arbeitern als Wohnung. Er erinnert sich, dass das Gelände immer gut bewacht wurde. Niemand kam so einfach am Pförtner vorbei. Eigentlich. Der Vater arbeitete in einer der Fabrikhallen, so dass er den Pförtner persönlich kannte. Nach Feierabend an heißen Sommertagen ließ dieser den Sohn seines Kollegen passieren. Der Grund war das Kühlbecken im Hof, denn es war so etwas wie der eigene kleine Swimming Pool. Taschengeld konnte man sich als Jugendlicher auf dem Gelände dazuverdienen, Tonnen von Kohle wartete darauf verheizt zu werden. Östlich der Villa befand sich ein kleines Kartoffelfeld der Bewohner, welches später einem Volleyballplatz weichen musste. Der noch heute erhaltene Goethepark war damals ebenfalls bereits öffentlich zugänglich. Einer der Arbeiter vor Ort rauchte jeden Morgen auf einem Baumstumpf seine Pfeife. Ein Glück, dass nie etwas schwerwiegendes passiert war, denn direkt neben seinem Stammplatz lauerte noch eine „Überraschung“ aus Kriegszeiten. Zum Glück konnte man diese nach der Entdeckung entschärfen.

Quellen:

Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg. I 548, II

Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg. I 560

Erinnerung eines ehemaligen Villa-Bewohners

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